Bergsteigerfieber in der Dauphiné - Teil I: Aufbruch in die Gipfelwelt
Pic Nord des Cavales
Hmmm wo fängt man am besten an zu erzählen, wenn man einen Urlaub schildern möchte in dem so viel passiert ist, dass man anfängt die ersten Dinge wieder zu vergessen. Ahhh ja genau: am besten am Anfang!
Jaa der Anfang… Da saßen wir mal wieder in einer Notaufnahme nach der nächsten, darauf hoffend, endlich ein CT für Max seine Hand zu bekommen. Aber anscheinend gibt es sowas in Deutschland in der Notaufnahme nicht. Da muss man doch wirklich das ganze Prozedere mit dem Hausarzt, der Überweisung und so weiter und so fort über sich ergehen lassen. Ihr wisst ja wie das ist! Naja, gesagt, getan, nach zwei Tagen Verspätung saßen wir dann doch tatsächlich auf dem Weg nach Frankreich mit einem CT und der erfolgreichen Diagnose: „nur gestaucht“ in unserem frisch ausgebauten, etwas lädierten Ford Galaxy und tuckerten Richtung Dauphiné! Wer hätte das gedacht? Wir auf jeden Fall kurzzeitig nicht mehr!
Die Landschaft wurde immer schöner, die Maut immer teurer, je weiter wir kamen. Spätestens als wir die wunderschöne Straße von Grenoble nach La Grave hochkurvten, kam das altbekannte Urlaubsglücksgefühl in uns hoch und die letzten Strapazen waren endgültig vergessen. Um 10 Uhr nachts, kamen wir müde und glücklich, das alles doch noch so gut geklappt hatte, in Villar d’Arene an. Wir suchten uns einen wunderschönen Stellplatz direkt an einem Sportklettergebiet und einem Flussbett, das der Ausgangspunkt für unsere ersten Touren sein sollte.
Als wir am nächsten Tag aufwachten, waren wir erstmal begeistert, soo schön sah das gestern im Dunklen gar nicht aus! Es war wirklich ein Traum: Blumenwiesen, Fluss, Granit, Berge, Sonne, was will man mehr für einen guten Start in den Urlaub? An diesem Tag kamen wir erstmal an, gingen ein wenig Sportklettern und bereiteten uns auf die anstehende Tour vor. Geplant war der „Pic Nord des Cavales“, eine kleine Granitpyramide mit der Kletterschwierigkeit 3c, perfekt um sich an den Fels, die Höhe und die Umgebung zu gewöhnen. Nicht so perfekt: die 13 km Zustieg, die uns bevorstanden. Naja was solls, wir sind ja nicht aus Zucker, und biwakieren lohnt sich da jetzt auch nicht so. Also grabbelten wir um 6 in der Früh aus unseren Schlafsäcken, löffelten ein wenig Porridge und machten uns anschließend auf den ewig laaangen Weg Richtung Refuge du Pavé. Fairerweise muss man sagen, dass der Weg gar nicht so schlimm ist, weil das Tal durch das man läuft einfach so schön ist, dass man die Strecke fast vergisst. Überall sieht man Gletscher, türkise Bergseen und Bäche.
Das Geröllfeld am Ende zum Einstieg zieht sich aber dann doch noch ganz schön. Endlich am Grat angekommen gilt es hier erstmal den Einstieg zu finden. Das war gar nicht so easy. Irgendwas von Platte und Verschneidung stand hier, allerdings war die Platte über uns ein wenig schwerer als ein 3er und von einer Verschneidung konnte man da auch nicht wirklich reden. Nach ein bisschen Suchen, beschlossen wir dann doch etwas weiter östlich vom Grat mal unser Glück zu versuchen. Der Anfang über eine kleine Kante war dann doch noch etwas gruselig und die Verschneidung auch gar nicht so easy. Entweder wir sind schlechter geworden oder wir müssen uns erst noch an die 3er in der Dauphine gewöhnen.
Ab dort war es dann aber easy! Wir kletterten immer am Laufenden, von einer Schlinge zum nächsten Köpfl oder perfekten Riss. Der Fels war super angenehm fest und rau, das Wetter ein Traum und die Wegfindung mehr als logisch. Auch die Kletterei war hier oben absolut in unserer Komforzone und so kamen wir viel zu schnell auf dem Gipfel an. Plötzlich stand ich da und wunderte mich, warum es nicht mehr weiterging. Die anderen Schlüsselstellen mussten wir wohl vor lauter Kletterrausch übersehen, bzw. einfach überklettert haben. Naja, genau so soll es doch sein oder?
Wir genossen also mal wieder einen unserer tausend Müsliriegel am Gipfel und machten uns auf den Abstieg. Dieser war auch sehr angenehm, da wir nun den Weg kannten. Wir kletterten das meiste seilfrei ab. Einmal seilten wir an einer großen Sanduhr, eine etwas steilere Stelle ab, kletterten wieder ein Stück bis wir relativ weit untern zu einem großen Köpfl kamen an dem wir eine Seilschaft vor uns beobachtete hatten, wie diese die Ostwand abseilten.
Ich schaute kritisch bis zum Boden. Mit unserem 50 m Einfachseil kamen wir da definitiv nicht so weit. Da müsste auf jeden Fall noch ein Zwischenstand in der Wand sein, sonst hätten wir ein Problem. Nach einer kleinen Diskussion, beschlossen wir das mit dem Abseilen zu versuchen und hofften, dass da noch ein weiterer Haken in der Wand war. Max seilte als erstes ab. Mit 25m ist das ganze natürlich schnell zu Ende. Mitten in der Wand suchte er ein wenig, bis er tatsächlich einen weiteren Ring entdeckte. Leider aber ein wenig zu weit unten. Seilfrei kraxelte Max also 2m abwärts bis zum nächsten Ring. Hmm und jetzt ich. Ich hatte schon ein bisschen blödes Gefühl bei dem Ganzen, seilfrei in irgendeiner Wand abklettern ist wirklich nicht so mein Ding. Aber naja, hinterher. Im Nachhinein war es dann zwar gar nicht so schlimm aber nochmal würde ich das glaub ich trotzdem nicht machen. Mit einem 60m Einfachseil oder mit Halbseilen ist das Ganze schon etwas angenehmer, oder man klettert halt den Grat ab und seilt den Rest ab bis zu dem Punkt, wo man eingestiegen ist!
Hauptsache gut und heile unten und geschafft! Jetzt muss nur noch der ewig lange Talhatscher gemeistert werden und dann ab ins Bett. Der war dann aber wirklich, wirklich lang, und ein wenig krauste es uns schon vor dem morgigen Tag, wo wir das gleiche nochmal reinlaufen durften, aber das ist eine neue Geschichte. Erstmal gab es noch die obligatorischen Nudeln mit Linsenbolognese und gaanz viel Wasser, das hatten wir nämlich definitiv zu wenig dabei.